Pioniere in den Alpen

Bergleute ab der Steinzeit

Kurzer Führer zur aktuellen Ausstellung

Die Ausstellung ist der Besiedelung der Alpen gewidmet mit dem besonderen Bezug zur italienischen Schweiz. Gezeigt werden einige Aspekte des Lebens in dieser speziellen Landschaft, in der ihre Bewohner seit prähistorischen Zeiten bis in die Moderne nie aufgehört haben echte Pioniere zu sein.

In den Räumen 4 und 5 werden auch Workshops für Kinder und Jugendliche durchgeführt. Aber welchen Alters Sie auch immer sein mögen, wir laden Sie herzlich ein, sich an den vorhandenen didaktischen Materialien zu versuchen.

Für weitere Informationen oder Fragen zu Führungen oder didaktischem Werken besuchen Sie auch unseren Webseite www.museovalmaggia.ch.

Wir wünschen Ihnen einen interessanten Besuch der Ausstellung!

Raum 1: Umwelt und Ressourcen

Als Einführung werden in diesem Saal die Entstehung des Gebietes und die wichtigsten Ressourcen gezeigt, die menschliche Ansiedlung in der alpinen Region begünstigten. Das heutige Aussehen unseres Territoriums hängt von zwei fundamentalen Phänomenen ab: die Formierung der Alpen (vor etwa 140 Millionen Jahren) und die Bewegung der Gletscher während des Quartärs (beginnend etwa vor 2,4 Millionen Jahren). Noch in der letzten Eiszeit war das ganze Gebiet des heutigen Kantons Tessin mit Eismassen bedeckt.

Nach dem Gletscherrückzug bieten sich den prähistorischen Menschen weite noch unbewohnte Nutzungsflächen an. Die Rodung der Wälder und die Bearbeitung des Bodens prägen noch heute die Landschaft, davon zeugen ausgedehnte Weideflächen auf den Hochebenen, aber auch Waldlichtungen und Terrassierungen.

In der ersten Vitrine weisen antike Objekte und auch moderne Nachbildungen auf die Fauna hin, eine wichtige Ressource der Alpen. Schon seit den frühesten Zeiten hat das Vorkommen von Wild die Menschen gelockt, in die alpinen Täler einzudringen. Im Laufe der Zeit wandelt sich die Tierwelt: Veränderungen der Umwelt führen zum Verschwinden mancher Tierarten und zum Auftreten anderer.

Die zweite Vitrine zeigt zwei weitere Ressourcen des alpinen Raums: Wälder und Mineralien. Mit der Erwärmung des Klimas vor etwa 12 000 Jahren wurde das Gebiet nach und nach mit einer immer reichhaltigeren Vegetation überzogen. Es entstanden üppige Wälder, eine sehr wichtige Voraussetzung für menschliche Ansiedlungen in den Alpen, denn von den Bäumen verwendete man nicht nur das Holz, sondern, je nach Epoche, auch Materialien wie Laub, Harz, Pech und anderes.

Die Menschen durchstreiften die Alpen aber auch auf der Suche nach Mineralien, die sie zur Herstellung von Geräten und Werkzeugen benötigten oder als Tauschmittel nutzten. Im Maggiatal wurden seit dem Altertum die Vorkommen von Quarz, Speckstein und Gneis genutzt.

Raum 2: Zeitlinie

Folgt man den Zahlen auf den Tafeln kann man die zeitliche Entwicklung der Besiedelung der Alpen und speziell die des Maggiatals durchlaufen.

Der alpine Raum war nie vom Rest des Kontinents isoliert. Immer schon bewegten sich die Menschen innerhalb des Alpenraums und überquerten die Alpen. Routen entstanden, die einen regen Handel zwischen der Ebene und den Bergregionen und zwischen den einzelnen Tälern möglich machten und gleichzeitig nicht nur die Verbreitung von Produkten und Wissen förderten, sondern auch die Begegnung mit anderen Menschen.

Im Territorium der heutigen Schweiz kennt man aus dem mittleren bis späten Paläolithikum und dem Mesolithikum (vor 60 000 – 9 000 Jahren) Lagerstätten, die von Jägern und Sammlern genutzt wurden.

Aus der zweiten Hälfte des 6. Jahrtausends v. Chr. stammen die ältesten Funde des Neolithikums (Jungsteinzeit). In dieser Zeit änderte sich schrittweise das Nomadenleben der Völker, aus Jägern und Sammlern wurden allmählich sesshafte Bauern und Viehzüchter. Die berühmteste Ausgrabungsstätte dieser Zeit ist diejenige von Bellinzona-Castelgrande, wo Reste von Gebäuden mit rechteckigem Grundriss gefunden wurden, die etwa auf die Jahre um 5 250 v. Chr. zurückgehen. Es ist bis heute die älteste bekannte neolithische Siedlung, die in der Schweiz gefunden wurde!

In der Kupferzeit (3 600 – 2 200 v. Chr.) verbreiteten sich in Europa erste Formen der Metallverarbeitung. Die Präsenz des Menschen in den Alpen wird immer deutlicher: Spuren von Siedlungen aus dieser Zeit hat man im ganzen Alpenraum gefunden.

In der Bronzezeit (2 200 – 950 v. Chr.) werden auch die abgelegendsten Täler besiedelt. Es gibt zahlreiche Belege für die Benutzung der Pässe in grossen Höhenlagen und die Nutzung der alpinen Weiden.

Aus der Eisenzeit (950 – 40 v. Chr.) sind lediglich Funde aus der letzten Phase bekannt. Ausschlaggebend für die Besiedlung des Sopraceneri ab dem 6. Jahrhundert v. Chr. waren der Fluss Tessin und der Langensee. Entlang der grossen Handelswege zwischen der Welt der Etrusker und derjenigen der Kelten jenseits der Alpen bildeten sich neue Siedlungen. In den Locarneser Tälern dagegen gibt es bis heute nur wenige Funde aus dieser Zeit, die eine menschliche Präsenz bezeugen.

Obwohl die Bevölkerung schon seit ein paar Generationen Kontakt mit der römischen Welt hatte, begann die Romanisierung der Region erst in den letzten Jahrzehnten vor unserer Zeitrechnung. Hauptsächlich zu Beginn der Römerzeit fand eine intensive Kolonisation auch der alpinen Täler statt; der Mensch veränderte das Territorium systematisch. Der zunehmenden Besiedlung des Talbodens entsprachen wachsende Aktivitäten auch in höheren Lagen, wo weite Weideflächen geschaffen wurden.

Muralto, am Ufer des Langensees, war während der Römerzeit das wichtigste bewohnte Zentrum der ganzen Region. Die kleine Stadt erlebte ihre Blütezeit in den letzten Jahrzehnten vor unserer Zeitrechnung und behielt seine Bedeutung bis ins hohe Mittelalter. Entscheidend für die glückliche Entwicklung der Stadt war seine Lage am Ufer des Sees sowie die nahe gelegenen Ausgänge der wichtigen Seitentäler wie das Maggiatal und die Centovalli. Der bekannteste archäologische Fund im Maggiatal ist die Necropole von Moghegno, die 1994 während Bauarbeiten für ein Wohnhaus entdeckt wurde.

Vitrine (von links nach rechts)

In Broglio wurden einige Gegenstände aus der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts v. Chr. gefunden, die eine Besiedlung dieser Zeit im Lavizzaratal belegen.

Die anderen Gegenstände stammen alle aus der Nekropole von Moghegno. Sie zeigen, welch grosse Bedeutung archäologische Funde dieser Art haben, um die verschiedenen Aspekte des täglichen Lebens in einem antiken Dorf rekonstruieren zu können. So konnte bewiesen werden, dass die bäuerliche Gemeinschaft Moghegnos in der Römerzeit einen gewissen Lebensstandard hatte. Die Dorfbewohner verfügten durch direkte oder indirekte Kontakte mit dem Hauptort Muralto über wichtige Güter von gewissem Wert.

Raum 3: Mythen und Zeichen

Thema dieses Raums sind einige Aspekte immaterieller Kultur der früheren Bewohner der Alpen. (Rundgang im Uhrzeigersinn)

Die erste Vitrine ist den legendären Bewohnern der Alpen gewidmet. Autoren der Antike schildern die Alpen als unwegsame und unerreichbare Orte. Menschen, die dort wohnten, wurden zum Teil als Barbaren mit dem Hang zum Räuberunwesen beschrieben. Ausserdem kursieren Legenden über geheimnisvolle Tiere. Von den Bergvölkern selbst sind seit alters her Märchen und Sagen überliefert, die von Fabelwesen erzählen, die mal bedrohliche Feinde, mal geheimnisvolle Verbündete sind. Eine der bekanntesten Legenden im Maggiatal ist die der “Cüra”: Ein Tier mit einem grossen Schlangenkörper erscheint in der Gegend der Terre di Gannariente im Bavonatal. Die ortsansässigen Bewohner töten das Tier, und auf der Stelle begräbt ein immenser Felssturz als Folge dieser Tat den Ort unter sich. Als einziges bleibt das Oratorium, das der Madonna gewidmet ist, vor der Vernichtung bewahrt. Die kleine Kirche steht noch heute an diesem Ort.

In der zweiten Vitrine wird auf die ältesten Schriftzeichen hingewiesen. Ab dem 6. Jahrhunderts v. Chr. tauchen die ersten Inschriften in lokaler Sprache auf, geschrieben in einer Variante des etruskischen Alphabetes, dem so genannten “Luganer Alphabet”. Auf Grabstelen oder Gefässen findet man kurze, stereotype Widmungen. Bei Inschriften auf Keramik handelt es sich um Eigentumszeichen oder Hinweise auf den Inhalt der Gefässe. Seit Beginn unserer Zeitrechnung sind alle Inschriften in lateinischer Sprache.

Die Objekte dieses Schaukastens zeigen die ältesten Schriftzeichen, die man bis jetzt im Maggiatal gefunden hat: Siegel oder Namenszüge auf Gefässen aus der römischen Nekropole von Moghegno.

In der dritten Vitrine wird das Thema des Glaubens an das Leben nach dem Tode behandelt. Seit der Steinzeit gab man den Toten Gebrauchsgegenstände mit ins Grab, die ihnen auf der Reise ins Jenseits nützen sollten. Seit der Christianisierung wurde auf Grabbeigaben verzichtet, weil sich die religiöse Auffassung vom Leben nach dem Tod geändert hatte.

Gezeigt werden einige Gegenstände aus dem Grab eines Bauern von Linescio, etwa aus der Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. Bemerkenswert sind Schmuckstücke wie die Fibel und der silberne Oberarmreif, dessen Form typisch für die von den Lepontiern besetzten Gebiete ist. Der Gertel deutet auf landwirtschaftliche Arbeit hin. Die Lanze und die Schale, die aus Südfrankreich stammt, weisen eindeutig auf den Kontakt zur römischen Welt hin.

Die letzte Vitrine erlaubt einen Blick auf Gravierungen in Felsen und auf Schalensteine. Formen und Zeichen, die in früheren Zeiten eingeritzt wurden, sind die im ganzen Alpenraum weit verbreitet. In einigen Regionen findet man Gravierungen, die Figuren und Szenen aus dem Leben darstellen. In unserem Gebiet findet man jedoch meistens nur Symbole oder einfache, eingekerbte Serien von Vertiefungen. Soche Schalensteine kommen in unterschiedlichen Höhenlagen vor, oft an exponierten Stellen entlang antiker Wege. Leider ist man bis heute noch nicht in der Lage, den Sinn dieser Zeichen zu deuten. Die gängigsten Theorien sagen, dass es sich dabei um astronomische Karten oder primitive Landkarten handelt, andere wiederum meinen, es handle sich um Kultstätten. Man weiss aber nur, dass einige dieser Felsblöcke schon in der Antike eingekerbt wurden, andere dagegen erst in neueren Zeiten.

Raum 4: Gegenstände aus dem täglichen Leben

Vitrine

Die archäologischen Funde zeigen viele Einzelheiten aus dem täglichen Leben vergangener Zeiten: wie kleidete man sich, was wurde gegessen, welche Werkzeuge benutzte man und noch manche weitere Informationen.

Bedauerlicherweise bleiben uns nicht alle Gegenstände im Laufe der Zeit erhalten. Nur unter ganz besonderen Bedingungen sind Gegenstände aus organischem Material bis in unsere Zeit erhalten geblieben.

In der Vitrine wird eine hypothetische Rekonstruktion der Kleider und die Ausstattung zweier Menschen gezeigt, die etwa Ende des 1. oder Anfang des 2. Jahrhunderts. n. Chr. in Moghegno lebten und in der Nekropole begraben wurden.

Spiel

Zum Thema "Herkunft von Rohstoffen" gibt es an der Wand ein didaktisches Spiel mit magnetischen Spielkarten. Besucherinnen und Besucher werden eingeladen, die Spielkarten je nach Epoche im richtigen Sektor anzubringen: Wo fanden die Pioniere in den Alpen die verschiedenen Materialien? Während der Steinzeit - Während der Zeit der Römer –in der heutigen Zeit?

Raum 5: Begleiter der Menschen - Haustiere und Pflanzen

Zucht und Haltung der wichtigsten Haustiere (Ziegen, Schafe, Rinder und Schweine) sind schon seit prähistorischer Zeit belegt. Im westlichen Europa begleiten Hunde den Menschen sogar schon seit 12 000 Jahren.

Sicher ist, dass Rinder eine wichtige Rolle als Zugtiere bei der Feldarbeit spielten; ungewiss ist dagegen, ob es vor der Eisenzeit schon eine gewisse Form der Transhumanz gab. Vor ungefähr 4 000 Jahren wurden in den Alpen die ersten Wollschafe eingeführt, Pferde dagegen blieben bis in neuere Zeiten eine Seltenheit. Obwohl es sie schon seit der Eisenzeit, also seit etwa 800 v. Chr., gab. In dieser Zeit gab es in den Siedlungen in den Ebenen auch die ersten Hühner. Bienenzucht zur Gewinnung des Honigs und des Wachses wurde wahrscheinlich schon seit der Urgeschichte betrieben. Die Jagd bleibt in den Alpen bis in die heutige Zeit eine wesentliche Versorgungsquelle.

Aus den Anfängen des Neolithikums (um 4 900 v. Chr.) stammen die ersten Spuren von Getreide und anderen Pflanzen, die mit einem landwirtschaftlichen Anbau in Verbindung gebracht werden können. Getreide, die schon in der Steinzeit angebaut wurden, waren Gerste, verschiedene Weizenarten und seit der Eisenzeit auch Hafer. Hülsenfrüchte, Lein und Mohn ergänzten die Ernährung. Natürlich wurden auch wild wachsende Früchte und Pflanzen intensiv gesammelt. Seit der Römerzeit hatte sich der Roggen immer mehr verbreitet; zusammen mit Gerste passte er sich am besten dem Anbau in den Bergen an. Die bis dahin hier unbekannten Nuss- und Kastanienbäume führten die Römer ein.

Spiel

In diesem Raum findet sich auch ein Spiel für die kleineren Kinder. Mit Hilfe der Magnetkarten sollen Haustiere und wild lebende Tiere unterschieden werden.

Experiment

Mit dieser Steinmühle kann Getreide wie in der Steinzeit gemahlen werden. Versuchen auch Sie es!